Zu weichen Tangoklängen tanzen zwei Paare auf der abgesperrten Kelkheimer Straße im Frankfurter Gallus. Sie machen das nicht zum ersten Mal, das ist deutlich zu sehen. Vor allem das ältere Paar dreht sich so flott wie hingebungsvoll, die blauen Turnschuhe der Frau wirbeln dahin, immer im Einklang mit den dunkleren des Mannes. Das Publikum ist begeistert. Die Tango-Vorführung ist einer von vielen Programmpunkten beim Gesundheitstag des Vereins „Kinder im Zentrum Gallus e.V.“, der an der Ecke Kelkheimer/Idsteiner Straße das größte Mehrgenerationenhaus Deutschlands betreibt.
Es ist viel geboten bei diesem Straßenfest mit dem Motto Gesundheit und Bewegung. Von Selbstverteidigung über Rückenfitness, von Yoga bis Zumba und eben auch Tango. Darüber hinaus gibt es an mehreren Ständen gesundes Essen, dazu viele Gesundheitstipps, zum Beispiel beim Arbeitskreis Jugend Zahnpflege oder dem Projekt „Bewegte aktive Tafel“ (BEATA). Mittendrin findet man den Stand des DOSB-Projektes „GeniAl - (Gemeinsam bewegen – Gesund leben im Alter)“. Zwei Übungsleiterinnen bieten neben reichlich Informationsmaterial und Gesprächen über das Thema Bewegung auch den Alltags-Fitness-Test für ältere Menschen an, der bei dem herrlichen Wetter direkt dahinter auf dem Rasen absolviert werden kann.
„Wir waren sehr gespannt, ob das funktioniert mit dem Gesundheitstag“, sagt Sophia Stenzel, die im Mehrgenerationenhaus für das Projekt GeniAl verantwortlich ist. „Wir wussten ja nicht, ob die Leute kommen, wenn es um Gesundheit und Bewegung geht. Ob dieses Thema zieht.“ Es hat bestens funktioniert. Sophia Stenzel ist fast überwältigt vom Zulauf an diesem Samstagnachmittag im Mai. „Wir haben das Projekt GeniAl unter das Motto `Gallus bleibt aktiv` gestellt, und heute wollen wir auf unsere Angebote aufmerksam machen. Vor allem aber wollen wir zeigen, dass Sport Spaß machen kann. Er muss auch Spaß machen, damit die Menschen dabeibleiben.“
Der Verein hat sich um das DOSB-Projekt beworben, weil er durch das Mehrgenerationenhaus einen sehr guten Zugang zu vielen Bewohner*innen des Gallus hat. Bevor das Projekt gestartet ist, habe es im Gallus vor allem für Ältere so gut wie keine Sportangebote gegeben, sagt Stenzel, die stolz ihr jetziges Programm präsentieren kann: Rückenfit, Gymnastik, Yoga, Zumba für Frauen, Fit im Alter und dazu an einem Nachmittag drei Stunden lang „Gesunde Küche mit Bewegung“ – es kann sich mehr als sehen lassen, was bereits alles umgesetzt wird.
Sophia Stenzel und ihre Mitarbeiter*innen haben direkt nach Projektstart im vergangenen Jahr einen Flyer entworfen, den sie überall verteilt haben, und mit dem sie die Menschen nach ihren Bewegungswünschen gefragt haben. 17 Möglichkeiten, von Nordic Walking über Oma-Opa-Enkel-Turnen bis zu Faszientraining, Frauen-Fußball oder Wander-Touren konnten angekreuzt werden, darüber hinaus konnten Interessent*innen auch eigene Wünsche formulieren. „Wir waren positiv überrascht von den vielen Rückmeldungen“, sagte Stenzel. Aus diesen Rückmeldungen wurde dann das Programm bestückt.
Parallel dazu haben die Mitarbeitenden des Mehrgenerationenhauses Kontakt mit dem SV 66 Frankfurt e.V. aufgenommen und sind direkt eine Kooperation eingegangen. Der Verein vermittelt Übungsleiter*innen ans Mehrgenerationenhaus und kann, sozusagen im Austausch, den hellen und funktionalen Sportraum dort auch für sich nutzen. „Es ist eine klassische win-win-Situation“, sagt Edith Bobel, die zweite Vorsitzende des SV 66: „Alle profitieren von der Kooperation.“ Über die Nutzung des Raumes hinaus notiere der SV 66 derzeit fast täglich Zugänge, sagt Edith Bobel. Und das Mehrgenerationenhaus kann seine Kurse für das Projekt mit bestens ausgebildeten Übungsleiter*innen aus dem Verein anbieten. Darüber hinaus lässt die Kooperation mit dem Verein hoffen, dass die Zielgruppe der älteren Menschen im Gallus auch über die Projektlaufzeit hinaus im Verein langfristig die Möglichkeit zu Sport und Bewegung nutzt, zumal der Verein mit dem Motto „Fitness kennt kein Alter“ jetzt auch Sport für Menschen ab 60 Jahren anbietet. „Das ist unser großes Ziel“, sagt Sophia Stenzel, „dass es auch nach den zweieinhalb Jahren Projekt weitergeht. Dass die Menschen dann nicht aufhören mit dem Sport.“
Das DOSB-Projekt GeniAl wird vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert. Es ist ein Kernvorhaben des Nationalen Aktionsplans Integration (NAP-I), das bis Ende 2023 umgesetzt werden soll.
(Text: Ulrike Spitz)