Interview: Macht Sport glücklich?

Professor Jens Kleinert vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln spricht im Interview über körperliches Wohlbefinden und das Bedürfnis nach Gemeinschaft.

Sport födert das Wohlbefinden nicht nur durch Bewegung, sondern auch durch soziale Kontakte. Foto: LSB NRW
Sport födert das Wohlbefinden nicht nur durch Bewegung, sondern auch durch soziale Kontakte. Foto: LSB NRW

Herr Professor Kleinert, macht Sport glücklich?

JENS KLEINERT: "Wenn wir von Glück sprechen, reden wir von Gefühlen, die dadurch ausgelöst werden, dass unsere innigsten Bedürfnisse befriedigt werden. Wir werden alle mit bestimmten Bedürfnisanlagen geboren. Amerikanische Kollegen benennen drei Aspekte: Erstens: das Bedürfnis nach Kompetenz, sich als fähig zu erleben. Zweitens: das Bedürfnis nach Beziehung – sei es zum Partner, zur Gruppe oder zur Gemeinschaft. Drittens: das Bedürfnis nach Autonomie, nach Selbstbestimmung. Diese drei Bedürfnisse kann man wunderbar mit Sport befriedigen. Und je mehr sie befriedigt werden, umso mehr fühlt man sich glücklich."

Welche Rolle spielt der Körper dabei?

"Körperliches Wohlbefinden trägt natürlich in hohem Maße zum Gesamtlebensgefühl bei. Sport aktiviert den Körper und hilft, Einschränkungen zu beheben – seien es muskuläre Verspannungen, Mattigkeit usw.. Dieser körperliche Ausgleich führt zu psychischem Wohlbefinden. Körperliches und psychisches Wohlbefinden sind nicht zu trennen."

Wie verbessert Sport die Lebensqualität in sozialer Hinsicht?

"Sport ist ein großer Mediator zur Steuerung der sozialen Situation. So kommen zum Beispiel Menschen zusammen, die sonst nicht zusammen kommen würden. Sport dient in dieser Hinsicht als Kontaktbörse oder als multikulturelles Erlebnis. Man denke an Midnight-Basketball im Jugendbereich. Andererseits ist es gerade bei älteren Menschen oft so, dass sie sich zurückziehen und passiv sind. Hier ist Sport ein Medium, sich selbst aufzumuntern, etwas zu tun – eine Motivation hin zum sozialen Kontakt. Er ist so gesehen ein Instrument hin zu Aktivitäten, die soziales Wohlbefinden steigern."

Inwiefern profitieren Menschen mit Erkrankungen?

"Gerade bei chronisch- und schwerkranken Menschen kann Sport ein zentraler Lebensinhalt werden. Diese Menschen können ja oft viele Dinge nicht mehr machen und erleben einen Verlust an Autonomie. Wenn sie dann unter Anleitung Bewegungs- und Aktivitätsformen finden, die sie im Griff haben, kann das sinnstiftend sein. Sie erfahren so Wege, ihr Leben tatsächlich selbst zu bestimmen." 

(Quelle: LSB NRW/Michael Stephan)


  • Sport födert das Wohlbefinden nicht nur durch Bewegung, sondern auch durch soziale Kontakte. Foto: LSB NRW
    Sport födert das Wohlbefinden nicht nur durch Bewegung, sondern auch durch soziale Kontakte. Foto: LSB NRW