Tipp des Monats: Besser schlafen durch Sport!

In der Ausgabe September/Oktober 2011 von "Gesund + fit" gibt es nützliche Tipps und Informationen zu "Bewegung und Entspannung"

Bewegung und Entspannung
Bewegung und Entspannung

Besser schlafen durch Sport

Einschlaf- und Durchschlafstörungen kennen laut Umfragen ein Viertel aller Frauen, die damit deutlich häufiger betroffen sind als Männer (13 Prozent). Manche begleiten diese Probleme dauerhaft, andere kennen sie aus besonders stressigen Phasen in ihrem Leben. Aber was kann man tun? In der Tat viel, denn Schlafen ist lernbar! Dabei fällt dem Sport eine Schlüsselrolle zu.

Es ist halb vier in der Nacht. Sie werfen sich in ihrem Kissen hin und her, haben bestimmt schon 40-mal auf die Uhr gesehen. Allmählich fängt es zu dämmern an, Sie hören die ersten Vögel zwitschern und immer noch haben Sie keine Minute geschlafen.

Meistens stimmt diese Wahrnehmung nicht ganz, denn Schlaf wird von uns nur als solcher wahrgenommen, wenn man zusammenhängend 15 bis 20 Minuten geschlafen hat, andernfalls denken wir, wir hätten nur wach gelgen. Allerdings ist ein solcher Schlaf, an dem nicht über längere Zeit am Stück geschlafen wird, kein erholsamer Schlaf, da die wichtige Tiefschlafphase fehlt.
Und: Für unser Empfinden ist es völlig egal, ob wir tatsächlich noch nicht geschlafen haben oder uns nur nicht daran erinnern können, denn das Ergebnis ist dasselbe: Wir werden nervös. Setzen uns unter Druck. Ergeben uns unseren Fantasien oder auch Erfahrungen, was passieren wird, wenn wir nicht bald einschlafen können. Wir ahnen, dass wir am folgendenTag müde, gereizt und unkonzentriert sein werden, unsere Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, wir in unserem Job Fehler machen könnten usw..

Die Schlafphasen
Grundsätzlich lassen sich beim Schlafen zwei Phasen unterscheiden: In der einen stellt man sehr schnelle, wiederkehrende Augenbewegungen unter den geschlossenen Augenlidern fest, weshalb man diese Phase als REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) bezeichnet (früher sprach man von Traumschlaf). Besteht diese Phase nur aus einem Schlafstadium, enthält der NREM-Schlaf hingegen zwei Leichtschlaf- und zwei Tiefschlafstadien. Gerade der Tiefschlaf ist für die Erholung und Leistungsfähigkeit des Orgnismus von größter Bedeutung.
Diese insgesamt fünf Schlafstadien, es beginnen die vier der NREM-Phase, wiederholen sich während der Nacht innerhalb eines ungefähr 90 Minuten dauernden Schlafzyklus. Innerhalb eines Schlafzyklus kann die Dauer der einzelnen Stadien variieren. So nimmt zu Beginn des Nachtschlafes der Tiefschlaf einen großen Teil der beiden ersten Schlafzyklen ein, während gegen Morgen anteilmäßig der REM-Schlaf überwiegt. Diese Zeitvariation der einzelnen Stadien innerhalb eines Schlafzyklus ermöglicht, dass es dem Körper selbst dann, wenn wir kürzer Schlafen als gewohnt, gelingt, sich die wichtigen Tiefschlafphasen zur Erholung und Regeneration zu sichern.

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Schlaf erfüllt wichtige Funktionen
Schlafen wir lediglich ab und zu schlecht und auch nicht mehr als zwei oder drei Tage hintereinander, so sind solche Sorgen zum Glück meist unbegründet, denn wir stellen fest, dass unser Körper einige Tage mit wenig Schlaf gut kompensieren kann. Hält dieser Zustand jedoch an oder wird gar chronisch, so ist uns dies tatsächlich deutlich anzumerken. Dachte man früher, Schlaf sei lediglich die Abwesenheit von Wachheit, so weiß man heute, dass der Schlaf wichtige Funkionen erfüllt, die dem Körper aber auch dem Geist und Psyche dauerhaft nicht fehlen dürfen. Im Schlaf erholt und regeneriert sich der gesamte Organismus: Es wird eine große Menge an Wachstumshormonen ausgeschüttet, die Reparaturmechanismen durch Zellaufbau ermöglichen und der Körper baut seine Leistungsreserven wieder auf. Auch kommt es zu einer Aktivierung des Immunsystems und damit zu einer Steigerung der Abwehrkräfte ("sich gesund schlafen"). Und im Schlaf finden wichtige Lernprozesse statt. Wenngleich es dafür nicht reicht, sich beispielsweise ein Wörterbuch Spanisch unter das Kopfkissen zu legen, so ist der Schlaf dennoch wichtig, um die am Tag gesammelten Erfahrungen zu ordnen, zu analysieren und zu speichern.

Vier Mythen zum Schlafen

1. Der Mensch braucht acht Stunden Schlaf!
Die benötigte Schlafdauer ist genetisch festgelegt und variiert von Mensch zu Mensch ganz erheblich. Im statistischen Mittel braucht ein Deutscher sieben Stunden und 14 Minuten, aber tatsächlich ist der eine nach fünf Stunden bereits putzmunter während der andere auch nach acht Stunden sich noch müde die Augen reibt. Das Schlafbedürfnis verändert sich außerdem über die Lebensspanne: Neugeborene benötigen noch bis zu 16 Stunden Schlaf täglich, dann verkürzt sich das Schlafbedürfnis im Laufe der Kindheit, steigt mit der Pubertät noch mal kurz an und pendelt sich mit etwa 16 Jahren auf seinem individuellen Optimum ein. Frauen haben im mittleren Alter im Schnitt eine 45 Minuten längere Schlafdauer als Männer, mit zunehmendem Alter gleicht sich das Schlafbedürfnis von Männern und Frauen immer mehr an. Ältere Menschen schafen nicht weniger, aber der Tiefschlaf ist reduziert, weshalb sie tagsüber oft ein erholsames Nickerchen brauchen. Generell wichtig ist: Nicht so sehr die Schlafdauer entscheidet über die ausreichende Erholung, sondern wichtig ist vielmehr, dass die typischen Ablaufphasen des Schlafes mit seinen zyklischen Wechseln zwischen Tiefschlaf-, Traumschlaf- und Leichtschlafphasen durchlaufen werden.

2. Tiefe Zimmertemperatur = tiefer Schlaf.
Die Annahme, dass der Schlaf umso tiefer ist, je niedriger die Zimmertemperatur, ist schlichtweg Quatsch. Als günstig gilt eine Schlaftemperatur von etwa 18-20 Grad Celsius. Ist es zu warm oder zu kalt, muss der Körper arbeiten, um für einen Temperaturausgleich zu sorgen und dies ist dem Schlafen abträglich.

3. Der Schlaf vor 24 Uhr ist der Wichtigste.
Es ist wichtig, dass der Schlaf in der Nacht, also während der Dunkelheit, stattfindet, da dann das schlaffördernde Hormon Melatonin ausgeschüttet wird, welches dafür sorgt, dass die Körpertemperatur fällt, Atmung und Puls sich verlangsamen und Regenerationsprozesse in Gang kommen. Diese Prozesse sind jedoch nicht an die Zeit vor Mitternacht gebunden. Wahr ist allerdings, dass in den frühen Morgenstunden der Anteil des Tiefschlafs zurückgeht.

4. Ein Schlummertrunk hilft beim Einschlafen.
Ein wenig Alkohol hilft tatsächlich zunächst beim Einschlafen, führt jedoch gerade in der zweiten Nachthälfte zu häufigem Aufwachen und verschlechtert so die Erholungsfunktion des Schlafes durch eine Verkürzung der Tief- und Traumschlafphasen.

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Schlüssel zum Erfolg: Entspannt in den Schlaf
Die Qualität unseres nächtlichen Schlafens ist keineswegs nur davon abhängig, was am Abend passiert oder in der Nacht selbst. Ganz entscheidend ist, wie wir den Tag gestalten. Wir sind nicht auf Daueraktivität programmiert, sondern Körper und Psyche brauchen, um gesund zu bleiben, den Wechsel zwischen Entspannung und Anspannung. Bei uns ist dieses Gleichgewicht häufig in Richtung Anspannung verschoben, die wir über den Tag aufbauen und nicht ausgleichen, sondern im wahrsten Sinne des Worts abends mit ins Bett nehmen.
Entscheidend für einen guten Schlaf ist also, wie gelassen und entspannt wir durch den Tag kommen und genau hier kommt auch der Sport ins Spiel: Beim Sport, ganz besonders bei moderatem Ausdauersport, werden Stresshormone abgebaut und die Möglichkeit geboten, gedanklich abzuschalten. Allerdings sollte man nicht direkt vor dem Schlafen sportlich aktiv sein, da das wiederum zu aktivierend oder je nach Sportart zu spannend und aufwühlend sein könnte. Der Morgen oder die Nachmittagsstunden sind besser geeignet.

Aber nicht nur der Stressabbau durch sportliches "Austoben" ist dem Schlafen förderlich, sondern auch durch gezielte Entspannungmethoden wie progressive Muskelentspannung, Feldenkrais, Autogenes Training, Yoga, Tai Chi oder Qigong kann gezielt für Entspannung gesorgt werden. Ein wesentlicher Faktor für einen gesunden Schlaf stellt auch die Schlafhygiene dar, wie einige Experten befinden. Das bedeutet nicht, ein sauberes Schlafzimmer zu haben, regelmäßig Staub zu wischen oder nur mit gewaschenen Füßen ins Bett zu gehen, sondern einen angemessenen Rahmen für das Schlafen zu gestalten. Beispielsweise sollte das Bett tatsächlich nur zum Schlafen genutzt werden und nicht zum Essen oder Fernsehgucken. Vor dem Zubettgehen hilft es, ein Einschlafritual zu etablieren, das Körper und Psyche signalisiert, auf Entspannung umzuschalten und den Schlaf vorzubereiten. Solche Rituale können zum Beispiel ein Spaziergang oder eine Tasse Kräutertee sein oder ein warmes Bett in einem ruhigen, luftigen Raum. Wer vor dem Zubettgehen noch zu viel im Kopf hat, dem ist zu empfehlen, seine Gedanken einem Tagebuch anzuvertrauen, damit diese nicht mit in den Schlaf genommen werden.

Neben den genannten Maßnahmen gibt es natürlich auch Hilfe aus der Schlafmedizin. Um schweren Schlafstörungen auf die Spur zu kommen, empfiehlt sich ein Besuch im Schlaflabor (eine Liste anerkannter Schlaflabore findet man auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin: www.dgsm.de). Hier werden mit Methoden der Elektrophysiologie und der digitalen Elektronik Biosignale (z. B. Gehirnströme, Augenbewegungen oder Muskeltonus) abgeleitet, die über die genaue Form der Schlafprobleme Aufschluss geben und auch gefährliche Begleiterkrankungen, wie zum Beispiel Schlafapnoen, also Atemaussetzer im Schlaf, ans Tageslicht bringen. Wenn diese Dinge medizinisch abgeklärt sind, dann kann es sehr lohnenswert sein, an einer Schlafschule teilzunehmen, die beispielsweise von Kliniken oder auch Krankenkassen angeboten werden.

Mangelnde Schlafhygiene

  • Ausgedehnter Tagschlaf (mindestens zweimal wöchentlich).
  • Zu ausgedehnter Mittagsschlaf (länger als 15 Minuten).
  • Unregelmäßige Aufsteh- und Zubettgehzeiten - Häufige Perioden ausgedehnter Zeiten im Bett.
  • Regelmäßiger erheblicher Konsum von Alkohol, Nikotin oder Koffein vor dem Zubettgehen.
  • Anstrengende körperliche Aktivitäten vor dem Zubettgehen.
  • Aufregende oder emotional belastende Aktivitäten vor dem Zubettgehen.
  • Häufiger Aufenthalt im Bett bei schlaffremden Aktivitäten wie Fernsehen und Essen (ausgenommen sexuelle Betätigung).
  • Anstrengende geistige Aktivitäten kurz vor dem Zubettgehen.
  • Schlaf im unbequemen Bett.
  • Inadäquater Schlafraum (Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Lärm, Lichteinfall, Vibrationen u.a.).
  • Verstärktes Grübeln im Bett.

Quelle: Aus: Robert Koch Institut (Hg.): Schlafstörungen. Gesundheitsberichterstatung des Bundes. Heft 27. S. 26.

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Stress in "Lust auflösen": Die Ballon-Einschlaf-Übung

Ausgangsposition
Bequem sitzen oder liegen, die Augen schließen.

Durchführung
"Konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung. Stellen Sie sich nun vor, dass Sie einen großen, bunten und durchsichtigen Luftballon haben. Pusten Sie mit jedem Ausatmen alles, was in Ihrem Kopf ist, in diesen Luftballon: Gedanken, Sorgen, Ängste, Dinge die zu erledigen sind, etc. Sie können nun durch die dünne Haut des Ballons alle Bilder und Gedanken sehen, wie sie sich dort langsam bewegen. Wenn noch neue Gedanken in Ihrem Kopf auftauchen, pusten Sie diese auch in den Ballon.
Jetzt geben Sie den Ballon vorsichtig frei und lassen ihn langsam gegen die Decke des Raumes steigen. Ihre Gedanken sind dort gut aufgehoben, aber im Moment sind sie nicht wichtig. Sie können den Ballon später wieder herunterholen, wenn Sie das wollen ..."

Ziel
Die Übung hilft, abzuschalten und sich von Problemen oder anderen Dingen, die einen beschäftigen, zu lösen. Sie ist deshalb besonders vor dem Einschlafen zu empfehlen.

In der nächsten Ausgabe November/Dezember 2011 werden die angesprochenen Entspannungsmethoden vorgestellt.

Quelle: Engels, Uta: Sport für Neu- und Wiedereinsteiger ab 50.
Wiebelsheim: Limpert 2006.

Die Artikel erscheint auch in der Zeitschrift SportPraxis 9+10/2011
www.sportpraxis.com

 


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