Tipp des Monats: Rocken oder Rodeln? Wintersporttrends für die Saison

In der Ausgabe November/Dezember 2013 geht es um Wintersporttrends.

Wintersporttrends für die Saison (c) LSB NRW / Foto: Andrea Bowinkelmann
Wintersporttrends für die Saison (c) LSB NRW / Foto: Andrea Bowinkelmann

Kaum fällt der erste Schnee, fragen sich Tausende von winter- und bewegungsbegeisterten Menschen, wie man in diesem Winter wohl am besten, schnellsten aufregendsten und unterhaltsamsten den Berg hinunter kommt. Uta Engels stellt die neusten Trends vor, zeigt aber auch, auf welch altbewährte Winterfreuden man dennoch auf keinen Fall verzichten sollte.
Die Möglichkeiten des Berghinabfahrens waren Dank den verschiedenen Ski- und Schlittenvarianten schon immer zahlreich und jedes Jahr kommen Neuerungen hinzu: Zum Teil betreffen diese eine veränderte Skitechnik, zum anderen werden ganz neue Gefährte erfunden, um bergab zu kommen.

Rocker-Ski
Rocker-Ski sind bereits seit einigen Jahren in aller Munde - und dieser Trend ist ungebrochen. Dabei handelt es sich nicht etwa um Spezialski für Motorrad-Gangs, sondern um eine Skitechnik, in der manche Experten eine ähnliche Revolution des Skimarktes sehen wie durch das Aufkommen der Carver. Was ist das Besondere an diesen Ski? Wenngleich Rocker nicht gleich Rocker ist, so gibt es Besonderheiten, die den Rocker-Ski auszeichnen, nämlich die Vorspannung und die Form des Skis: Die Vorspannung: Bei einem Carving-Ski ist die Vorspannung deutlich ausgeprägt, das heißt der Ski ist in der Mitte hochgebogen, wodurch die Kontaktpunkte auf dem Schnee nach vorne und hinten verschoben sind und der Ski eben nicht unter dem Fuß aufliegt. Dadurch ist die Kantenangriffslänge beim Ski hoch. Bei einem Rocker sind hingegen Skispitze und -ende aufgebogen, sodass es eine geringe, keine oder gar negative Vorspannung gibt. Der Kontakt zum Schnee liegt damit deutlich weiter in Richtung Skimitte. Was bringt das Ganze? Je mehr "Rocker", das heißt je geringer die Vorspannung und je mehr Spitze und Ende aufgebogen sind, desto besser eignet sich der Ski für Fahrten außerhalb der Pisten wie beispielsweise für Tiefschnee oder aber bei schlechten Schneeverhältnissen. Mäßig ausgeprägte Rocker sind hingegen als Allrounder in unterschiedlichen Gelände einsetzbar. Grundsätzlich ist allen Varianten gemeinsam, dass das Einleiten des Schwungs einfacher wird, der Ski drehfreudiger ist und Fehler eher verzeiht - das Skifahren und Fahren lernen wird damit einfacher. Aber benötigt nun auch jemand Rocker-Ski, der bereits seit Jahren und gut Ski fährt? Oder mit anderen Worten: Eignen sich Rocker-Ski für jeden Fahrer? Hier gehen die Expertenmeinungen noch auseinander: Manche Kenner sehen den Rocker ganz klar als Spezial-Ski für spezifische Anwendungsfelder und finden ihn für gute Fahrer, bei guten, harten Schneeverhältnissen und auf der Piste unsinnig. Das bedeutet, dass der Rocker weniger als einziger Ski taugt, sondern man ihn eher als Zweitski anschafft oder ausleiht - so wie man mit dem Mountainbike auch kein Straßenradrennen fahren würde. Andere sagen, dass - zumindest die nur leicht aufgebogenen Rocker - zu einem ganz neuen, entspannten, leichten und schnellen Fahrgefühl führen, das auch auf der Piste jedem Fahrer Spaß macht.
Da hilft nur eins: Einfach beim nächsten Skiurlaub ein paar Rocker ausleihen und selbst entscheiden, ob diese das neue "must-have" des Wintersports sind oder ob es die gewohnten Bretter weiterhin tun.

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Splitboards: Geteilt hinaus, vereint hinunter
Splitboards vereinen die Möglichkeiten des in den vergangenen Jahren immer beliebteren Tourengehens mit denen des Abfahrens, denn mit wenigen Handgriffen werden aus einem Snowboard zwei Tourenski. Ein Splitboard ist ein in der Länge teilbares Snowboard, dessen Teile stabil miteinander verbunden sind, sich jedoch ohne Werkzeug trennen lassen und ein einfaches Ummontieren der Bindung auf die zwei getrennten Ski erlauben. So kann man abseits der Pisten wie ein Tourengänger aufsteigen, oben die Ski wieder zusammenmontieren und abfahren.

Snowtubes & Co.
Schaut man bei den Trends der vergangenen Jahre genau hin, sind viele der Wintersportneuerungen jenseits des Skisports gar nicht so neu, wie sie erscheinen, sondern es handelt sich häufig um Sommersport-Adaptionen in den Winter.
Sogenannte Snowtubes sind weiche Gummireifen, mit denen man auf eigens dafür präparierten Tubing-Bahnen oder Fun-Pisten gen Tal schießt, so wie man es von Reifenrutschen oder aus dem Schwimmbad kennt. Man könnte auch ganz profan von "Reifenrodeln" sprechen. Mit bis zu 40 km/h braust man - nicht selten in wilden Drehungen - bergab. Der Weg nach oben ist beim Tubing nicht allzu sportlich: In der Regel gibt es Zauberteppiche, Förderbänder etc. Mit Musik wird aus dieser durchaus aufregenden Schlittenfahrt ein spaßbetontes Freizeitevent - das allerdings nicht immer ganz ungefährlich ist.
Auch Skateboarder brauchen nicht auf eine Wintersportvariante ihres Sportgerätes zu verzichten und sie müssen auch nicht auf das verwandte Snowboard ausweichen, denn es gibt Snowdecks: Das Snowdeck ist ein Sportgerät, dessen größte Gemeinsamkeit mit dem Skateboard ist, dass es keine Bindung hat. Es gibt verschiedene Ausführungen: So ist entweder anstelle der Rollen ein Ski montiert oder aber es hat eine harte Plastikfläche direkt am Board, also keinen zusätzlichen Ski.
Wer auf die Idee kommt, mit einer Luftmatratze den Berg hinab zu rutschen, liegt auch voll im Trend. Im Wintersport zum Airboard adaptiert, bieten aufblasbare Schlitten das Vergnügen, mit Schneeschuhen aufzusteigen und dann mit dem handlichen Board (das im nicht aufgepusteten Zustand leicht in einen Rucksack passt) abzufahren. Aber vor allem der Geschwindigkeitsrausch hat dem Airboard viele Fans beschert: 30-40 km/h sind normal, bis zu 100 km/h kann das Board schnell werden.
An der Oberseite des Luftkissenschlittens befinden sich zwei Griffe. Der Fahrer liegt auf dem Bauch und fährt Kopf voraus hinab. Gelenkt wird durch Verlagerung des Körpergewichtes, gebremst durch Querstellen des Boards oder Schleifenlassen der Füße. Selbst wenn sich all dies durchaus schnell erlernen lässt, macht das Tempo deutlich, dass dies kein ganz unproblematisches Sportgerät ist.
Auch das Fahrrad kann im Winter zum Einsatz kommen: Als "Snowbike", das Lenker und Sitz wie ein Fahrrad aufweist, aber Ski anstelle der Reifen hat und ein bisschen wie ein Dreirad aussieht. Anders als die Snowtubes und Airboards sind die Snowbikes deshalb auch schon für Kinder geeignet.

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"Skigymnastik"
Doch nicht nur im Schnee gibt es immer wieder Trends und Neuheiten, auch bei der Vorbereitung auf den Winterurlaub bleibt nichts mehr dem Zufall überlassen. Was früher die Skigymnastik vor dem Fernseher oder im Sportverein war, wird heute immer häufiger durch aufwendige Geräte ersetzt, die auf unterschiedlichsten Varianten instabiler Unterlagen beruhen. Hierbei kann man das Training auf labilen Unterlagen, ähnlich z.B. einer Weichbodenmatte von solchen Geräten unterscheiden, die gezielt in den unterschiedlichen Körperachsen kippen. Zum Teil lassen sich solche Geräte an einen Computer anschließen, um das Training zu steuern oder sogar einzelne Parameter zu messen und so dem Trainierenden ein Feedback zu ermöglichen. Ziel dieser Übungsgeräte ist in erster Linie Koordination und Stabilität, nebenbei wird natürlich auch die Kraft trainiert.
Bei der Vorbereitung auf den Skiwinter bietet es sich daher vor allem an, Kurvenfahren auf den Geräten zu simulieren und dabei auf die Lage des Körperschwerpunktes, also auf die Mittellage, zu achten. Die Trainingseffekte in den Bereichen Koordination und Kraft scheinen dem Einsatz solcher - teuren - Geräte Recht zu geben, ob sie allerdings notwendig sind, darf zumindest für den freizeit- und breitensportlichen Bereich in Frage gestellt werden.

Social Awareness
Schneesport ist und bleibt eine teure Angelegenheit, die durch die teure Ausrüstung, Skipass, Unterkunft und Anreise einfach nicht für jeden machbar ist. Wer Skifahren will, benötigt - sofern er nicht mitten im Skigebiet wohnt - ein finanzielles Polster, was sozialbenachteiligte Kinder und Jugendliche leider vom Wintersport ausgrenzt.
Dem tritt der gemeinnützige Verein HIGH FIVE entgegen, der sich zur Aufgabe gemacht hat, die sportliche und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, insbesondere durch kostenlose Skateboard-, BMX- und Snowboard-Programme, zu fördern. "Durch deutschlandweit organisierte Workshops mit erfahrenen Trainiern und bekannten Profisportlern stellt HIGH FIVE nicht nur Material und guten Rat, sondern gibt mit regelmäßigen Terminen und einem reibungslosen Ablauf auch den Anstoß und die Struktur für das neue Hobby und so die eigene Begeisterung für den Sport weiter", schreibt der Verein auf seiner Homepage.
"Vermittelt wird zunächst einmal der Spaß: sich selbst herausfordern, endlich einen neuen Trick stehen und die Erlebnisse mit Gleichgesinnten teilen - all das sind überzeugende Anreize für die Zielgruppe der 8- bis 16-jährigen. Fast nebenbei wird hierdurch aber auch ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung der Jugendlichen geleistet. Integrative und soziale Fähigkeiten werden gefördert; Toleranz, Respekt und Gemeinschaftsgefühl aufgebaut; Gelduld und Durchhaltevermögen geschult."
Dabei gibt HIGH FIVE den Kindern ein Skateboard, ein BMX oder ein Snowboard an die Hand, sorgt dafür, dass sie qualifizierte Unterstützung für ihre sportlichen Ambitionen erhalten und so neben "Ollies", "Bunny Hops" und Balance auch verantwortungsvolles Handeln in der Gruppe lernen (http://www.wearehighfive.com). Für dieses Engagement wurde der Verein auf der ISPO 2013 mit dem BRANDNEW AWARD ausgezeichnet - einem Winterporttrend, der hoffentlich Schule macht.

Schneemann & Co.
Wem all diese Trends zu viel und zu techniklastig sind, der sei daran erinnert, dass es auch jenseits des Bergabfahrens viele Formen gibt, um sich im Schnee zu bewegen: Spiele im Schnee, Schneeengel machen, Schneemänner oder -frauen oder aber gar kreative Schneemonster bauen, macht Spaß und ist auch körperlich anstrengend. Als Alternative bieten sich Schneelaternen an - also Iglus in verschiedenen Größen oder ausgehöhlte Schneekugeln, in die man ein Teelicht stellt und die so für wunderschöne Schneeatmosphäre sorgen. Apropos Atmosphäre: Ich werde - Neuerungen hin oder her - auch diesen Winter wieder meinen alten Holzschlitten aus dem Keller holen und liege auch damit voll im Trend!

Dr. Uta Engels, leitet das Sportzentrum der Universität Regensburg.

Dieser Artikel erscheint auch in der Zeitschrift SportPraxis 11+12/2013
www.sportpraxis.com


  • Wintersporttrends für die Saison (c) LSB NRW / Foto: Andrea Bowinkelmann
    Wintersporttrends für die Saison (c) LSB NRW / Foto: Andrea Bowinkelmann