Tipp des Monats: Bewegung beste Medizin gegen Übergewicht

In der Ausgabe September/Oktober 2012 von "Gesund + fit" gibt es nützliche Informationen zu "Bewegung ist die beste Medizin gegen Übergewicht".

Bewegung ist die beste Medizin, Foto: Bilddatenbank LSB NRW, Andrea Bowinkelmann
Bewegung ist die beste Medizin, Foto: Bilddatenbank LSB NRW, Andrea Bowinkelmann

Übergewicht erhöht das Risiko, einen Schlaganfall und Herzinfarkt zu erleiden. Dennoch wird es nach wie vor oft verharmlost dargestellt, worin eine große Gefahr besteht. Was man unter Übergewicht versteht und wodurch sportliche Betätigungen zu einer Gewichtsreduktion führen können, wird im Folgenden dargestellt.

Während Bluthochdruck und Diabetes - die Themen der letzten Monate - bekannte Krankheitsbilder darstellen, deren gesundheitsgefährdende Bedeutung bekannt ist, gilt Übergewicht immer noch mehr oder weniger als ein "Kavaliersdelikt". Dabei haben Übergewicht oder gar Adipositas einen eindeutigen Bezug zum metabolischen Syndrom und gelten als Hochrisikofaktor, denn 80 Prozent der Patienten mit metabolischem Syndrom sind übergewichtig. Umgekehrt ist die positive Nachricht: Schaffen die Patienten es, ihr Übergewicht abzubauen, verschwinden bei fast allen die Stoffwechselstörungen und die Medikamente können reduziert oder sogar abgesetzt werden.

Wann ist man übergewichtig oder adipös?
Wenngleich mittlerweile verschiedene Messmethoden und Definitionen zur Verfügung stehen, ist der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) immer noch zentral, da er als das beste indirekte Maß für die Körperfettmasse gilt: Er errechnet sich durch das Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch das Quadrat der Körpergröße in Metern. (Sportler sollten allerdings beachten, dass Menschen mit sehr viel Muskelmasse nach dieser Formel als übergewichtig gelten können, da das Verfahren ja das Verhältnis von Fettmasse zu Muskelmassen nicht bestimmen kann.)

Gewicht in kg
___________           =  BMI
(Körperlänge in m)²

Ein BMI zwischen 18,5 und 24,9 gilt als Normalgewicht, bis 29,9 als Übergewicht und alles darüber hinaus als Adipositas.

Neben dem BMI gibt es weitere Verfahren, um das Gewicht beurteilen zu können. Beispielsweise ist das Taille-Hüft-Verhältnis eine aussagekräftige Größe: Der Wert sollte bei Männern kleiner als 1, bei Frauen kleiner als 0,85 sein. Ebenfalls einen guten Indikator stellt der Taillenumfang dar, der bei Männern unter 103, bei Frauen unter 88 cm liegen sollte. Dem Bauchumfang und damit der Fettverteilung wird in den vergangenen Jahren deshalb so viel Bedeutung zugemessen, weil man erkannt hat, das gerade aus den abdominalen/Bauch-Fettreserven Fettsäuren freigesetzt werden, die zur Erhöhung des LDL-(Transport-)Cholesterins und somit zu Ablagerungen in den Blutgefäßen führen. Deshalb gilt das bauchbetonte Fett als besonders kritisch in Hinblick auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Im Sinne dieser Definition ist Schätzungen zufolge mehr als die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig, 20 Prozent gar adipös. Auch bei Schulkindern und Jugendlichen geht man von einer Übergewichtsquote von 20 Prozent aus - Tendenz steigend!

Für Übergewicht kann man eine genetische Veranlagung mitbringen, manchmal sind auch Medikamtente, die Menschen notwendigerweise einnehmen müssen, mit verantwortlich. Die Hauptursache liegt aber dennoch in einem ungünstigen Lebensstil, der durch zu wenig Bewegung und eine ungesunde, weil zu kalorienhaltige Ernährung gekennzeichnet ist. Deshalb ist für den Abbau von Übergewicht auch eine Lebensstiländerung unabdingbar.

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Warum ist Übergewicht so gefährlich?
Zwischen Übergewicht / Adipositas und dem metabolischen Syndrom gibt es eine ganze Reihe von Zusammenhängen, die verdeutlichen, weshalb ein zu hohes Gewicht ein bedeutsamer Risikofaktor ist.

Wie bereits im Monat Juli/August 2012 erörtert, hängt die Entstehung von Diabetes ganz eng mit Übergewicht erkennbar an BMI und Taillenumfang zusammen. Übergewicht, erhöht das Risiko einer Diabeteserkrankung erheblich. Gleiches gilt für den Bluthochdruck und damit für ein zweites typisches Erkrankungsbild des metabolischen Syndroms.
Des Weiteren sind Fettstoffwechselstörungen, d. h. eine Erhöung von Triglyceriden (3 Fettsäuren am Molekül Glycerin) und Cholesterin, mit Übergewicht korreliert: Eine Erhöhung der Triglyceride führt zu einer Verringerung des HDL-Cholesterins (Transport zur Leber), welches im Organismus eine Schutzfunktion für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat. Gerade bei bauchbetonter Fettverteilung mit Übergewicht ist der LDL-Cholesterinspiegel meist erhöht, was problematisch ist, da sich dieses in den Gefäßen ablagert und Arteriosklerose mit verursacht.

Grundsätzlich gibt es sowohl eine Reihe gefährlicher Folgeerkrankungen bei Übergewicht wie auch solche, die meist mit Übergewicht gemeinsam auftreten. Wenngleich die Ursache-Wirkungsgefüge nicht eindimensional zu betrachten und auch nicht bis ins letzte Detail geklärt ist, kann man dennoch sagen, dass Übergewicht o.ä. Herz-Kreislauf-Komplikationen zu erkranken oder gar zu sterben, dramatisch erhöhen.

Warum Sport und Bewegung zur Gewichtsreduktion?
Die Frage scheint rhetorisch, denn es ist klar, dass eine Gewichtsreduktion darauf beruht, dass man mehr Kalorien verbraucht, als man zu sich nimmt oder aber dass man weniger zu sich nimmt, als man verbraucht. Und wie ginge das einfacher, als mit dosierter sportlicher Bewegung in Verbindung mit einer gesunden, ausgewogenen Ernährung. Um Kalorien zu verbrauchen, empfehlen sich natürlich am ehesten Ausdauersportarten wie Joggen, Nordic Walking, Rad fahrn oder auch Schwimmen, da bei diesen der Fettstoffwechsel bei  längerer körperlicher Aktivität vermehrt in den Energiestoffwechsel eingebunden wird. Der Schlüssel zum Erfolg ist ein moderates, aber regelmäßiges Training, mindestens 2- bis 3-Mal pro Woche für mindestens 30-60 Minuten.

Besteht deutliches Übergewicht oder liegen Probleme mit den Gelenken vor, steigt man am Anfang am besten aufs Rad oder trainiert im Wasser, denn in beiden Fällen werden die Gelenke entlastet: Auf dem Rad wird das Hauptgewicht an den Sattel abgegeben, im Wasser sorgt der Auftrieb für eine "Gewichtsreduktion" um bis zu 90 Prozent, weshalb besonders gelenkschonend trainiert werden kann.

Es gibt aber weitere Gründe für den Einsatz von Sport zur Gewichtsreduktion als eine ausgeglichene Kalorienbilanz. Beispielsweise sollte neben dem Ausdauertraining zusätzlich ein Krafttraining auf dem Wochenplan stehen, denn Krafttraining definiert die Muskulatur, macht so eine "gute Figur" und stabilisiert den durch Übergewicht häufig überlasteten Stützapparat. Vor allem steigt über den Muskelaufbau auch der Rundumsatz, da Muskelzellen zudem in Ruhe mehr Energie verbrauchen als Fettzellen. Das heißt: Der "faule" Sportler verbraucht beim Nichtstun mehr Energie als der "faule" Faule!

Sport hat einen weiteren positiven Effekt auf den Grundumsatz: Möchte man Gewicht reduzieren und versucht dies nur über eine Reduzierung der Kalorienmenge, so stellt sich nach einiger Zeit der Effekt ein, dass man immer weniger abnimmt, denn der Stoffwechsel hat sich an die geringere Kalorienzufuhr gewöhnt und in Folge dessen den Grundumsatz reduziert. Dieser Gewöhnungseffekt scheint bei gleichzeitigem Sporttreiben auszubleiben.
Durch Kraft- und Ausdauertraining steigt auch die Ausschüttung verschiedener Hormone: Hormone wie beispielsweise Noradrenalin (Neurotransmitter) oder Adrenalin regen die Freisetzung von Fetten aus den Fettdepots an. Krafttraining führt außerdem zu einer Freisetzung von anabolen Hormonen wie Testosteron und Wachstumshormon, die wiederum das Muskelwachstum fördern und somit einen höheren Grundumsatz.

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Kalorienfresser sammeln
Gerade Menschen mit erheblichem Übergewicht finden es in der Regel sehr schwer, in nennenswertem Umfang Sport zu treiben. Die gute Nachricht ist: Auch wenn eine Gewichtsabnahme meist erst ab einem zusätzlichen Energieverbrauch von 2500 Kilokalorien (kcal)/ Woche zu verzeichnen ist, stellen sich Verbesserungen des metabolischen Syndroms bereits ab einem zusätzlichem Energieverbrauch von 1500 kcal/Woche ein. Dabei ist es relativ egal, wie man die Energie abbaut, also durch Sport oder aber eine Steigerung der Alltagsbewegungen, wie z.B. Gartenarbeit, mit dem Hund spazieren gehen etc.

Deshalb muss man sich klar machen, dass wirklich jede noch so kleine Menge an Bewegung Energie verbraucht und entsprechend in der Summe beim abnehmen hilft. Deshalb sollten die Abnehmwilligen (aber alle anderen am besten auch) keine, aber auch wirklich keine Gelegenheit auslassen, sich zu bewegen.

Hier gelten die üblichen Tipps für Bewegung im Alltag:

  • Treppe statt Rolltreppe und Aufzug.
  • Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen statt Auto.
  • Die Mittagspause für einen Spaziergang nutzen.
  • Beim Telefonieren grundsätzlich aufstehen und auf und ab gehen.
  • Statt E-Mails und Telefonaten innerhalb des Hauses, lieber die Kollegen persönlich besuchen.

Die Motivation für derartige Tätigkeiten lässt sich beispielsweise durch den Einsatz von Schrittzählern steigern. Die neuen Smartphones machen es deren Besitzern sogar noch einfacher und das Abnehmen spannender: Es gibt empfehlenswerte Schrittzähler-Apps, die - egal in welcher Lage und in welcher Position das Handy am Körper getragen wird - die Schritte zählen und darüber hinaus tolle Zusatzfunktionen aufweisen: Erinnerungsfunktion, Synchronisation mit dem PC oder Austausch mit Freunden oder in sozialen Netzwerken, Trainings- und Bewegungstagebücher, Analysen der Schrittmuster, usw.
Außerdem gibt es auch Motivations-Apps, die helfen, sich nicht vom inneren Schweinehund kleinkriegen zu lassen, sondern bei der Stange zu bleiben.

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Der innere Schweinehund
Meistens haben Pfunde und Speckröllchen ja nur deshalb eine Chance, weil sie sich mit dem inneren Schweinehund verbündet haben und gemeinsam den Kampf gegen die guten Vorsätze gewinnen. Deshalb hier ein paar Tricks, wie man es trotz schlechtem Wetter, leichtem Muskelkater, wenig Zeit und/oder Lust oder einer Absage der Mitsportler dennoch schafft, sein Training zu absolvieren:

1. Einen Vertrag micht sich selbst schließen!
Das persönliche Trainingsziel (z. B. ich mache ab heute dreimal pro Woche eine Stunde Sport) klar formulieren, schriftlich festhalten und gut sichtbar in der Wohnung aufhängen.

2. Gewappnet sein für "Lieblingsausreden"!
Vor Beginn des Trainings genau überlegen, mit welchen Ausreden Sie sich am ehesten vor dem Training drücken (Wetter, zu viel Arbeit etc.) und darauf Gegenargumente formulieren ("es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung"; "der Regen ist erfrischend, die Luft klar"; "während des Joggens kann ich gut über einen Aspekt meiner Arbeit nachdenken, einen Brief vorbereiten etc.").

3. Eine positive Einstellung zum Training entwickeln.
Sehen Sie das Training nicht als notwendiges Übel an, sondern als Belohnung. Also nicht: Heute muss ich noch laufen gehen, sondern: Toll, heute darf ich wieder joggen.

4. Prioritäten setzen und sich selbst erinnern!
Machen Sie das Training zu einem genauso wichtigen Termin, wie berufliche Termine, Geburtstage von Freunden etc., damit Sie das Training ebenso wenig "schwänzen" wie diese anderen wichtigen Dinge. Tragen Sie das Training in Ihren Terminkalender oder ins Outlook Ihres PCs ein und lassen Sie sich aktiv (z. B. im Outlook oder durch die Benachrichtigungsfunktion Ihres Handys) rechtzeitig immer wieder daran erinnern.

5. Belohnen Sie sich nach dem Training!
Gönnen Sie sich einen Besuch in der Sauna, ein warmes Bad, eine halbe Stunde Ruhe- oder Lesepause, ein leckeres (möglichst kalorienarmes) Getränk, ein leckeres Essen mit Freunden.

6. Führen Sie ein Erfolgskontrollblatt,
auf dem Sie alle durchgeführten Trainingseinheiten dokumentieren, aber auch Trainingserfolge (heute 2 km weiter gelaufen, das Fitnessprogramm ohne Pause durchgehalten, mir selbst im Spiegel besser gefallen).
Aber: Machen Sie sich auf keinen Fall zum Skalven ihrer Waage! Wiegen Sie sich ab und zu, aber auf keinen Fall jeden Tag oder wöchentlich. Abnehmen benötigt Zeit, Fitness und Gesundheit wird nicht von der Waage angezeigt!

7. Suchen Sie sich Verbündete!
Verabreden Sie sich zum Sport, denn dann fällt das Sporttreiben viel leichter, das Absagen und "Schwänzen" aber viel schwerer!

8. Feste Angebote nutzen!
Eine besonders gute Möglichkeit, dem inneren Schweinehund den Kampf anzusagen, ist es, im Sportverein in der Gruppe und unter fachkundiger Anleitung zu trainieren. In den Sportvereinen gibt es auch gezielte Programme zur Gewichtsreduktion, wie z.B. M.O.B.I.L.I.S. light, MACH2 oder spezielle Angebote mit dem Qualitätssiegel SPORT PRO GESUNDHEIT.

Weitere Informationen
Qualitätsgesicherte, gesundheitsorientierte Angebote in den Sportvereinen findet man in der Angebotsdatenbank auf der Seite www.sportprogesundheit.de

Dr. Uta Engels (Leiterin des Sportzentrums der Universität Regensburg)

Dieser Artikel erscheint auch in der Zeitschrift SportPraxis 9+10/2012
www.sportpraxis.com

 


  • Bewegung ist die beste Medizin, Foto: Bilddatenbank LSB NRW, Andrea Bowinkelmann
    Bewegung ist die beste Medizin, Foto: Bilddatenbank LSB NRW, Andrea Bowinkelmann