Fitness-Zentrum im Verein und Gemeinnützigkeit

Der Präsident des Deutschen Turner-Bundes und Vorsitzender der Konferenz der Spitzenverbände Rainer Brechtken nimmt Stellung zur Diskussion um vereinseignene Fitness-Studios.

Immer häufiger leisten sich Sportvereine ein eigenes Fitness-Studio, um den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden. Foto: picture-alliance
Immer häufiger leisten sich Sportvereine ein eigenes Fitness-Studio, um den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden. Foto: picture-alliance

Ende 2011 sorgte der Betreiber eines kommerziellen Fitness-Studios in Baden-Württemberg für Aufsehen, weil er Klage erhob gegen einen Verein, der mit Unterstützung der öffentlichen Hand in Form von kommunalen Bürgschaften ein Fitnesszentrum bauen will. Der Unternehmer meint unlauteren Wettbewerb zu erkennen und möchte dem Verein die Gemeinnützigkeit entziehen lassen.

Die Argumentation der privaten Studiobetreiber gegen Fitness-Studios im Verein ist nicht neu. Sie gewinnt jedoch eine neue Qualität, wenn sich Institutionen der öffentlichen Verwaltung die Auffassung der kommerziellen Studiobetreiber zu Eigen machen. Vor diesem Hintergrund ist es angebracht, die Unterschiede zwischen kommerziellen Studios und Fitnesszentren in Vereinen deutlich herauszustellen.

Kommerzielle Sportanbieter sind Wirtschaftsunternehmen mit dem Ziel des kommerziellen Erfolges, der Privatisierung ihrer Erlöse. Der Sport, die Bewegungsangebote sind Mittel zum Geldverdienen. Dies ist nichts Ehrenrühriges, sondern hat durchaus eine Existenz-Berechtigung. Nur ist das kommerzielle Unternehmen nicht mit dem gemeinnützigen Verein auf einer Stufe zu vergleichen. Darum geht es.

Leistungen der Turn- und Sportvereine

Im Gegensatz zum privaten Unternehmen sind Turn- und Sportvereine Selbsthilfe-Einrichtungen bürgerschaftlichen Engagements im Sport. Sie bieten eine breite Angebotspalette sportlicher Betätigung vom Eltern-Kind-Turnen über das Kinderturnen, Trainings- und Wettkampfbetrieb in zahlreichen Sportarten bis hin zum Fitness- und Gesundheitssport in den jeweiligen Sportarten.

Mit ihrem Angebot an Bewegung, Sport und Spiel für alle Altersgruppen und alle sozialen Schichten der Bevölkerung zu sozialverträglichen Mitgliedsbeiträgen übernehmen die Turn- und Sportvereine vielfältige soziale Aufgaben in ihrem Wirkungskreis, in der Kommune: Sie bieten Kindern die Möglichkeit zu gesunder körperlicher und geistiger Entwicklung durch Bewegung, sie fördern die motorischen Talente von Kindern und Jugendlichen, sie unterstützen durch Fitness- und Bewegungsangebote die Gesundheitsvorsorge besonders für die Mitglieder der mittleren und älteren Generation und tragen damit auch zur Entlastung der gesellschaftlichen Kosten für das Gesundheitssystem bei.

In der heutigen Zeit der Globalisierung schaffen die Turn- und Sportvereine Orte und Gelegenheiten für das Erlebnis sozialer Gemeinschaft, sie bieten Möglichkeiten zur Mitarbeit, zum persönlichen, ehrenamtlichen Engagement. Viele Turn- und Sportvereine kooperieren auf kommunaler Ebene mit Kindergärten, Schulen oder Senioreneinrichtungen. Mit ihrem gesamten Angebotsspektrum leisten die Turn- und Sportvereine einen nicht unwesentlichen Beitrag „zum guten Leben in der Kommune“.

Gemeinnützigkeit der Turn- und Sportvereine

Vor diesem Hintergrund gelten Turn- und Sportvereine als gemeinnützig, weil sie mit ihren Angeboten darauf abzielen, das Gemeinwohl zu fördern. Dies haben sie in ihren Satzungen verankert als Vereinszweck und ihre Organisationsstrukturen darauf ausgerichtet. So werden sie geprüft und im Vereinsregister als gemeinnützig eingetragen. Damit genießen die Turn- und Sportvereine eine besondere steuerliche Behandlung und sind befugt, mit öffentlichen Mitteln gefördert zu werden.

Wenn Turn- und Sportvereine Fitnesszentren einrichten, tun sie dies im Rahmen ihres Vereinszwecks: Sie reagieren damit auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder im Fitness- und Gesundheitssport und wollen damit vor allem Vereinsmitglieder der mittleren und älteren Jahrgänge an den Verein binden. Die Turn- und Sportvereine stellen sich damit auf die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft ein und richten ihr Augenmerk in ihrer Angebotsstruktur auch auf diese zahlenmäßig ansteigenden Bevölkerungsgruppen und ihre Bedürfnisse.

Die veränderten Bewegungsbedürfnisse bei den Mitgliedern unserer Vereine sowie breiten Kreisen der Bevölkerung, vor allem im Fitness- und Gesundheitssport, erfordern alternative Sporträume. Speziell für Kinderturnen, Gymnastik als Fitness- und Gesundheitssport oder Gymnastik für Ältere sind kleinere Räume mit Atmosphäre passend zum Bewegungsangebot gefragt, unter anderem auch Fitness-Studios oder Fitness-Zentren. Der Deutsche Turner-Bund hat mit seinem „Zukunftsmodell Turn-Mehrzweckhalle“ ein derartiges Raumkonzept für den Sportstättenbau entwickelt und in der DIN-Norm 18032 verankert.

Nun lassen sich mit gut geführten Fitnesszentren im Verein natürlich auch Überschüsse generieren und hier setzen die privaten Studiobetreiber an mit Hinweis auf den Entzug der Gemeinnützigkeit. Allerdings stehen derartige Überschüsse nicht in Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsrecht, denn die gemeinnützigen Turn- und Sportvereine werden hier als Ganzes betrachtet. Durch Zweckbetrieb und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb können sie durchaus positive Deckungsbeiträge erwirtschaften, wenn diese für den in der Satzung festgelegten Vereinszweck verwendet werden. Insofern gilt der Verein als Solidargemeinschaft, indem Bereiche mit schwächeren Einnahmen durch vereinsinterne Quersubventionierung gefördert werden können.

Ich halte das System der Solidarfinanzierung im Turn- und Sportverein für ein zentrales Element der Zukunftsfähigkeit unseres Vereinssystems, denn nur so lassen sich die sozialen Aufgaben und Leistungen der Turn- und Sportvereine – die Förderung von Kindern und Jugendlichen, sozialverträgliche Beiträge für bedürftige Bevölkerungsgruppen – mittel- und langfristig finanzieren und aufrecht erhalten.

Vor diesem Hintergrund werde ich mich als Präsident des Deutschen Turner-Bundes weiterhin vehement für diese Auffassung von Gemeinnützigkeit einsetzen.

Weitere Informationen bietet der Leitfaden "Das Fitness-Studio im Sportverein"

(Quelle: Rainer Brechtken)


  • Immer häufiger leisten sich Sportvereine ein eigenes Fitness-Studio, um den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden. Foto: picture-alliance
    Immer häufiger leisten sich Sportvereine ein eigenes Fitness-Studio, um den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden. Foto: picture-alliance